Wie funktioniert der Notruf zu 110 & 112?

Community Manager*in

In unserem Blogformat „Gelauscht“ geben wir euch zu verschiedenen Themen einen Einblick hinter die Kulissen. Heute geht es um die Notrufnummern 110 und 112. Nummern, die wir hoffentlich nur selten wählen müssen. Aber wenn, dann muss es funktionieren – schnell!

Welche Technik und welcher Aufwand genau dahinter stecken, erklären wir euch in diesem Blog.

 

Blog_Notrufbearbeitet.jpg

 

Was mache ich, wenn ich mal keinen Empfang habe?

Ein Handy ist praktisch. Egal wo ich bin, kann ich telefonieren oder im Internet surfen. Wenn etwas passiert, kann ich schnell die Feuerwehr oder die Polizei anrufen. Ist die Situation kritisch, kommen Feuerwehr oder Polizei und helfen mir. Moment mal, funktioniert das wirklich so einfach?

 

Es funktioniert. Zumindest meistens. Aber einfach ist das nicht. Die Technik im Mobilfunknetz, die die Notrufe ermöglicht, ist höchst komplex.

Die Netzabdeckung des Telekom-Mobilfunknetzes ist anerkanntermaßen hervorragend. Dennoch kann es einzelne Flecken im Lande ohne Netzabdeckung geben. Sollte zufälligerweise an dieser Stelle eines der anderen Mobilfunknetze empfangbar sein, ließe sich dort auch mit dem Telekom-Handy ein Notruf absetzen, aber nur ein 112-Anruf zur Feuerwehr. Ein 110-Anruf zur Polizei funktioniert in dieser Ausnahmesituation nicht. Der 112-Notruf ist der standardisierte Notruf mit der speziellen Eigenschaft, auch in anderen nationalen Netzen zu funktionieren. Zudem ist sie in Europa bekannter als die 110.

Notrufe zur 112 waren früher ohne Mobilfunkkarte möglich. Heute sind Notrufe ohne Mobilfunkkarte verboten und technisch unterbunden.

 

 

Woher wissen meine Retter in der Not, wo ich gerade bin?

„Feuerwehr oder Polizei kommen und helfen mir“: Das setzt aber voraus, dass sie wissen, wohin sie fahren müssen. Nicht immer weiß der Anrufer, wo er eigentlich ist. Erst seit Dezember 2012 werden daher bei mobilen Notrufen auch Standortinformationen übermittelt. Hierbei handelt es sich um keine punktgenaue GPS-Information, sondern lediglich eine Information zur aktuellen Funkzelle.

Allerdings können heute (Frühjahr 2017) einige Feuerwehr- bzw. Polizeileitstellen die Standortinformation eines Notrufes noch nicht auslesen, weil deren Technik bislang nicht entsprechend umgerüstet wurde.

 

 

Wie gelangt mein Notruf an die richtige Leitstelle?

 

Die Notrufnummern 110 oder 112 können immer direkt, also ohne Vorwahl, gewählt werden. Über das Telekommunikationsnetz werden Notrufe automatisch an die örtlich zuständige Leitstelle geleitet. 

Das ist ungeheuer hilfreich. Denn sollten wir einmal nicht wissen, welche Leitstelle gerade für uns zuständig ist – etwa bei einem Unfall auf der Autobahn–  können wir uns darauf verlassen, dass das Netz unseren Notruf zur richtigen Leitstelle in der Nähe führt.

Es ist übrigens nicht möglich, gezielt einen Notruf an eine Leitstelle abzusetzen, die gerade nicht für den Standort des Anrufers örtlich zuständig ist. Jemand, der sich in Bonn aufhält, kann also nicht die Feuerwehr in Hamburg erreichen, auch wenn er beispielsweise 040-112 wählen würde.

 

Auch bei Notrufen aus dem Telekom-IP-Festnetz werden inzwischen Standortinformationen an die Leitstellen übertragen, und zwar die amtliche Anschrift des genutzten Anschlusses.

  

Leitstelle Feuerwehr KrefeldLeitstelle Feuerwehr Krefeld 

Wie wird mein Notruf an die Leitstelle übertragen?

Es gibt mehrere hundert Leitstellen in Deutschland, die für die Annahme von Notrufen zuständig sind. Woher weiß das Netz also, welche die jeweils „Richtige“ ist? Im Prinzip ganz einfach: Es gibt eine Tabelle, in der jeder Leitstelle ein entsprechender geographischer Ursprungsbereich zugeordnet wird. Diese Liste wird von der Bundesnetzagentur gepflegt und ist in unserer Vermittlungstechnik einprogrammiert. Für das Routing eines Notrufs muss das Netz also nur noch den geographischen Ursprung des Notrufs erkennen.

 

Die technische Umsetzung ist aber alles andere als einfach. Hier sind drei Fälle zu unterscheiden:

  1. Im klassischen Festnetz erkennen die Vermittlungsstellen direkt, aus welchem Ortsnetz der Notruf abgesetzt wurde, und sorgen dafür, dass der Notruf der jeweils zugeordneten Notrufleitstelle zugeführt wird.
  2. Im IP-Festnetz ist die Zuordnung noch genauer: Hier kommt es nicht darauf an, in welchem Ortsnetzbereich, sondern auf welchem Gemeindegebiet der Notruf seinen Ursprung hat. Das hat den Vorteil, dass die kommunalen Zuständigkeitsbereiche der Leitstellen noch genauer getroffen werden können, denn gelegentlich stimmen Ortsnetzbereiche und Zuständigkeitsbereiche geographisch nicht völlig überein.
  3. Bei Notrufen aus dem Mobilfunknetz hängt das Routing von der Mobilfunkzelle ab, aus der der Notruf abgesetzt wird. Für jede Funkzelle wird vorab in einem aufwendigen Planungsprozess festgelegt, welche Leitstelle am ehesten für einen Notruf zuständig ist, der aus dieser Funkzelle abgesetzt wird.

 

Für einen Notruf von einem Telefon, das an eine Nebenstellenanlage bzw. an ein privates Netz angeschaltet ist, gelten (bisher) keine telekommunikationsrechtlichen Vorgaben. Die genaue Ortung und Umsetzung an die örtlich zuständige Notrufleitstelle obliegt dem Verantwortlichen der Telefonanlage (ggf. in Abstimmung mit seinem Netzbetreiber).

 

Rechtlich geregelt ist all das im § 108 des Telekommunikationsgesetzes (TKG) und den nachgeordneten Vorschriften der Notrufverordnung und der Technischen Richtlinie Notruf.

Die aktuelle technische Richtlinie Notruf (TR Notruf), Version 1.0, stammt aus dem Jahr 2011. Derzeit liegt ein Entwurf der TR Notruf  2.0 vor, der als Neuerung auch einen IP-basierten Notruf vom Sender zum Empfänger vorsieht. Bislang müssen Notrufe aus einem IP-Festnetz oder aus einem Mobilfunknetz ins ISDN-Netz der Telekom geführt werden Am Netzübergang finden entsprechende Protokollumwandlungen z.B. vom IP- ins ISDN-Protokoll statt. Denn sämtliche Leitstellen der Polizei und Feuerwehr haben einen speziellen ISDN-Anschluss (so gefordert in der TR Notruf 1.0) und nur die Telekom bietet diese speziellen ISDN-Anschlüsse an.

 

Die technische Umsetzung hin zu einer durchgängigen IP-Verbindung kann jedoch erst gestartet werden, wenn die TR Notruf 2.0 final vorliegt.

 

 

Was ist, wenn der Anruf abbricht?

Bei einem Notruf wird im Regelfall die Rufnummer mitübertragen, selbst wenn der Anrufer seine Rufnummer unterdrücken möchte. Feuerwehr oder Polizei könnten daher bei Bedarf zurückrufen. Keine Regel ohne Ausnahme: Wenn, wie oben beschrieben, der 112-Notruf nicht im eigenen Mobilfunknetz abgesetzt wird, kann aus technischen Gründen keine Rufnummer mitübertragen werden.

 

 

Gut zu wissen:

  • Die Telekom war im Übrigen Vorreiter der so genannten Mobilfunklösung zur Übertragung einer Standortinformation bei einem Notruf mit dem Handy. Zum einen hat sie die technischen Details entwickelt und mit Bundeswirtschaftsministerium und Bundesnetzagentur abgestimmt. Zum anderen haben sich die anderen Mobilfunknetzbetreiber  dieser Lösung angeschlossen und routen die Notrufe ihrer Kunden über unser Mobilfunknetz.
  • An die 110/112 kann (im Festnetz) auch ein Fax gesandt werden, um z. B. Menschen mit einer Hör- oder Sprachbehinderung einen Notruf per Text zu ermöglichen.

 

 

Falls euch dieser Blog neugierig gemacht hat, haben wir im Folgenden noch weitere Informationen zum Thema für euch zusammengestellt:

 

Notruf 110/112: Notstrom für Notrufe und Anforderungen an IP-Netze: Zum Beschluss des Petitionsaussc...

Erschienen in „Datenschutz und Datensicherheit“,  Ausgabe 05/2016

 

Notruf 110 / 112 – eine gute Wahl? Eine Würdigung im Hinblick auf Recht, Technik und Datenschutz

Erschienen in „Datenschutz und Datensicherheit“, Ausgabe 11/2014

 

Neues zum Notruf 110 / 112: Die Umstellung auf IP öffnet Perspektiven für multimediale Notrufkommuni...

Erschienen in „Datenschutz und Datensicherheit“, Ausgabe 02/2016

 

Notrufe 110/112 aus privaten Netzen; Rechtlich eine Grauzone, technisch vielfach ein Problem  

Erschienen in „Datenschutz und Datensicherheit“, Ausgabe 11/2016

  

Notrufe 110/112: VoLTE-Notruf mit neuen Merkmalen, EU-Regulierung mit neuen Akzenten

Erschienen in „Datenschutz und Datensicherheit“, Ausgabe 11/2017

Kommentare