Ich fühl mich so Doppelpunkt-Strich-Klammer – Die Geburt der Emoticons
vor 6 Jahren
Am 19. September 1982 um 11.44 Uhr kam das Emoticon zur Welt. Es war etwas schmal auf der Brust, hatte dafür aber ein gewinnendes Lächeln. Eines, das schon bald die ganze Welt von sich einnehmen sollte. So sah es damals aus: : - )
Kurz darauf wurde sein Zwilling geboren, von etwas trauriger Gestalt: : - (
Der Vater der beiden heißt Scott Fahlman und war Informatiker an der Carnegie Mellon University in Pittsburgh, Pennsylvania. Die Universität war damals in das sog. ARPANET eingebunden, ein Computernetzwerk des US-Militärs und verschiedener US-amerikanischer Universitäten. Zu dieser Zeit diskutierten Lehrkräfte, Wissenschaftler und Studenten auf sog. Bulletin Boards – kurz: Bboards. Dort wurde Wissenschaftliches ebenso diskutiert, wie Campus-Klatsch und Organisatorisches. Den Diskutierenden fiel auf, dass bestimmte Äußerungen von manchen Beteiligten falsch verstanden wurden, dass eigentlich lustig oder sarkastisch Gemeintes ernst genommen wurde.
Es wurde – auch nicht gänzlich ernst gemeint – vorgeschlagen, dass man für solche Fälle bestimmte Marker finden und einsetzen sollte, die eine Aussage als humorvoll kennzeichnen sollte. Verschiedene Vorschläge machten die Runde und schließlich schlug Scott Fahlman am 19. September 1982 um 11.44 Uhr das „sideways smiley face“ vor und etwas später, noch in derselben Nachricht, eine Variante mit nach unten zeigenden Mundwinkeln. Die zweite Variante war ursprünglich nicht als Ausdruck von Trauer oder Niedergeschlagenheit gedacht, sondern sollte Ernst anzeigen. Doch schnell symbolisierte das Zeichen Frust, Ärger und Traurigkeit – bis heute.
In den Wochen und Monaten entstanden zahlreiche weitere Varianten des „Seitwärts-Smileys“, die sich über die Bulletin Boards der miteinander vernetzten Universitäten schnell verbreiteten. Sie waren ein gefundenes Fressen für den etwas nerdigen Humor von Wissenschaftlern. Doch tatsächlich, darauf wiesen und weisen Sprachwissenschaftler immer wieder hin, handelt es sich bei Emoticons nicht um eine bloße Spielerei, die heute hauptsächlich mit dauertextenden Jugendlichen und einem vermeintlichen Sprachverfall in Verbindung gebracht wird. Emoticons – eine Wortneuschöpfung aus „emotion“ (Gefühl) und „icon“ (Bild) – fügen der geschriebenen Sprache eine neue Dimension hinzu und helfen, Texte und Nachrichten zu strukturieren. Es geht also nicht einfach nur um die Abbildung bzw. Einführung von Gefühlen in das geschriebene Wort. Sie ersetzt, um es auf einen vereinfachenden Nenner zu bringen, unsere Tonfall. An ihm erkennen wir (meist), wie eine bestimmte Aussage gemeint ist.
Natürlich war Fahlman die Tragweite seiner Erfindung damals nicht bewusst, weswegen er die damalige Nachricht, in der das Emoticon zum ersten Mal aufgetaucht ist, nicht gespeichert hat. Doch Anfang der Nuller Jahre wurde ein mit Drittmitteln finanziertes Projekt ins Leben gerufen, mithilfe einer Art digitaler Archäologie die ursprüngliche Nachricht ausfindig zu machen. Und tatsächlich wurden 2002 sowohl die Originalbänder, als auch eine funktionierende Bandmaschine gefunden. Hier ist der originale Thread (Konversation) zu sehen.
Scott Fahlman ist seinen Emoticons treu geblieben, auch wenn er kein Fan heutiger Emoticons ist, die von vielen Programmen automatisch als Bilder dargestellt werden. Von den bunten Emoji (Piktogramme) erst recht nicht. Für ihn sind diese nicht nur „hässlich“, sondern stellen auch keine Herausforderung mehr dar, mit den einfachen Mitteln einer normalen Tastatur den sprachlichen Ausdruck zu erweitern. Zudem seien die frühen Emoticons universell. Sie symbolisieren einfach ein Lächeln. Das wird rund um die Welt verstanden.
190
0
0
Kommentare
Mitwirkende (1)
Sortieren
Älteste zuerst
Neueste zuerst
Älteste zuerst
Autor
Das könnte Sie auch interessieren