Meine Erfahrungen mit der Bereitstellung von Glasfaser

Hey, ich bin @Stefan und Community Guide in der Telekom hilft Community. Im Folgenden möchte ich über meine Erfahrungen mit der Realisierung eines von mir beauftragten Glasfaser-Anschlusses berichten.

 

glasfaser-l_16_5.jpg

 

Ausgangsbasis an meinem Wohnort war ein voll funktionsfähiger VDSL50 Anschluss, der schon seit Anfang 2015 auf IP-Telefonie umgestellt war. Man könnte meinen, dass dies als Internetanschluss voll ausreichend ist und es somit kein Bedarf für eine Änderung gibt. Von wesentlichem Interesse war jedoch für mich der deutlich höhere Upload eines Glasfaser-Anschlusses und die Aussicht, dass dieser ohne weitere technische Änderungen zukünftig bis 1 Gigabit skalierbar sein wird. Das ist das 20fache eines VDSL50 Anschlusses.

 

Wie alles begann: Die Initiative "Mehr Breitband für mich"

Im Februar 2016 hörte ich das erste Mal von der Möglichkeit, sich mit Selbstkosten einen Glasfaser-Anschluss (FTTH) legen zu lassen. Zu diesem Zeitpunkt war das Projekt "MBfm" (Mehr Breitband für mich) noch im Pilotbetrieb. Durch einen privaten Kontakt bei der Telekom konnte ich kurzfristig Verbindung zum Leiter des Breitbandausbaus für Deutschland aufnehmen.

 

Die ersten Planungen, ein Angebot wird erstellt

Bevor es zu einer Beauftragung kommt, wird zuerst ein Angebot erstellt. Dabei werden die örtlichen Gegebenheiten am Wohnort berücksichtigt. Wichtig ist, ob und an welchem Ort der Zugang zur Glasfasermuffe der Telekom möglich ist. In meinem Fall war die Situation recht günstig. Die Angebotserstellung kostet 100 Euro. Bei einer Beauftragung werden diese Kosten mit den Gesamtkosten verrechnet.

 

Vor dem DSLAM (das ist eine Einrichtung, die mehrere DSL-Anschlüsse bündelt und verteilt), auf den auch mein VDSL-Anschluss lag, war ein Schacht mit der erwähnten Muffe (Man kann generell davon ausgehen, dass vor jedem Outdoor-DSLAM eine solche Muffe vorhanden ist). Die Kupferleitung meines VDSL-Anschlusses war 280 Meter lang. Das war für eine realistische Verlegung der Glasfaser viel zu lang.   Idealerweise ergab sich aber eine Möglichkeit, eine alternative Trasse über meinen Garten zu legen. Die Länge des Kabels war auf diesem Weg nur 50 Meter, wobei 38 Meter über öffentlichen Grund geführt werden mussten und die restlichen 12 Meter über meinen Grund gingen.

 

vorschlag_neue_trasse.png

 

Diesen Vorschlag (zusammen mit Bildern aus Google Maps) reichte ich bei meiner Anfrage an die Telekom mit ein. Die Erstellung des Angebots dauerte knapp vier Wochen. Nach einem besinnlichen Wochenende, entschied ich mich dann Ende März das Angebot anzunehmen.

 

Im Wesentlichen bestehen die Leistungen der Telekom für die Erschließung aus:

  • Erstellung des NVT (später dazu mehr)
  • Anbindung des NVT an die Glasfasermuffe
  • Verlegung der Speedpipe durch Tiefbau durch die Telekom auf öffentlichem Grund
  • Mauerstich durch die Hausfassade mit Abdichtung
  • Setzen des Glasfaser-Anschlusspunktes
  • Anbindung an den OLT (Optical Line Termination) Anschlusspunkt in der Vermittlungsstelle

In meinem konkreten Fall habe ich den Mauerdurchbruch und die Verlegung eines Leerrohrs auf meinem Grund in Eigenleistung erbracht.

 

Funkstille

Für die Realisierung des Anschlusses nimmt sich die Telekom sechs Monate Zeit. Was die Telekom in dieser Zeit intern an Aufwand leistet, ist mir leider nicht bekannt. Faktisch hat sich leider in den ersten Monaten für mich nicht viel getan.

 

Um jederzeit auf Terminvorgaben der Telekom reagieren zu können, habe ich im Mai das Leerrohr auf meinem Grundstück verlegt. Ich hob einen 60 cm tiefen Graben aus und verlegte in dem Graben ein 60 mm Kabuflex-Leerrohr. Die Eigenleistung wurde Ende Juni von einem Mitarbeiter der Telekom begutachtet und abgenommen. Das war wohl eher Neugier als ein Teil des regulären Prozesses.

 

Nachdem ich nach den Sommerferien (Mitte August) immer noch keine Informationen zum Fortschritt erhalten hatte, beschloss ich etwas auf die Tube zu drücken. Aufgrund guter Kontakte zum Telekom hilft Team, gelang es mir einen Kontakt zu PTI (Verantwortliche Abteilung für Tiefbau und Netzwerkinfrastruktur) zu bekommen. Da ich wohl der erste Kunde im gesamten Verantwortungsbereich mit einem MBFM Anschluss war, zeigte man sich anfangs überrascht. Das führte wohl dazu, dass der Vorgang intern etwas auf die lange Bank geschoben wurde. Hier sehe ich zukünftig eindeutig Verbesserungspotential.

 

Dieser hergestellte Kontakt war dann der Durchbruch, denn ich hatte jetzt einen Ansprechpartner, mit dem ich jeden Termin direkt koordinieren konnte.

 

Es geht los: Die Kolonne rückt an 

Ende August war es dann soweit: Die Tiefbaukolonne rückte an und setzte neben dem vorhandenen DSLAM einen NVT. Ein NVT ist letztlich ein Verteiler, der die eingehende Glasfaserverbindung über einen passiven Splitter auf 32 Hausanschlussfasern verteilt. Dazu muss man wissen, dass das Glasfasernetz der Telekom als GPON Netz aufgebaut wird. Je 32 Glasfaser-Anschlüsse teilen sich im Regelfall eine Faser mit 2,5 Gbit/s. Das Signal aller Kunden wird parallel an alle Anschlüsse ausgespielt. Die Verbindung ist verschlüsselt und jeder Kunde hat nur den Schlüssel für seinen Anteil der Daten.

 

stefan_glasfaser_straße_nvt_speedpipes.png

 

Vom NVT wurde ein Graben zum Ende des von mir verlegten Leerrohrs gezogen (siehe erstes Bild). In diesen Graben und in mein Leerrohr wird ein Speedpipeverbundrohr mit zwei Speedpipes verlegt. Eine Speedpipe ist ein dünnes Plastikröhrchen, in welches mit einem Pressluftverfahren die Glasfaser eingeblasen wird.

 

In eine der Speedpipes wird beim FTTH-Anschluss ein Kabel mit normalerweise drei Fasern eingezogen – das dritte dient als Reserve. Aus unerfindlichen Gründen hat mein Kabel allerdings 12 Fasern, dass sollte mir genug Reserven für die Zukunft bieten.

 

Eine einzelne Faser ist unfassbar dünn! Insbesondere, wenn man weiß, dass jede Faser (rechts im Bild) noch einmal ummantelt ist und selbst der verbleibende Durchmesser nach dem Abmanteln zu 80% aus Mantelglas besteht und erst darin die eigentliche Faser liegt. Die Arbeiten waren nach zweieinhalb Tagen abgeschlossen.

 

Es geht voran: Die letzten Ausbauarbeiten

Der nächste Termin hat dann drei Wochen später stattgefunden. Im Haus wurde von den Technikern ein Glasfaser-APL gesetzt. Das ist das Gegenstück des APL, welcher beim klassischen DSL-Anschluss im Keller sitzt und an dem die einzelnen Telefondosen angeschlossen werden. Rechts auf dem Bild erkennt man die grüne und rote Speedpipe und darüber den Glasfaser-APL.

 

Im NVT wurde ebenfalls eine Verbindung meiner Faser mit dem passiven Splitter hergestellt. Auf beiden Seiten erfolgt die Verbindung durch spleißen. Das ist ein Schweißvorgang mit Laser, der eine Verbindung zwischen zwei Glasfasern herstellt. 

 

stefan_glasfaser_apl_muffe.png

 

Die vor dem NVT in einem Schacht liegende Glasfasermuffe wurde geborgen und geöffnet. Am Glasbündel wurden drei Fasern gebrochen (ja gebrochen!) und mit einem Querkabel zum NVT verschweißt. Theoretisch ist der NVT damit, in dieser Ausbaustufe, mit 7,5 Gbit/s angebunden und kann 96 Kunden bedienen.

 

Die Muffe wurde wieder versenkt und die Glasfaserverbindung war nun von meinem Anschlusspunkt bis in die Vermittlungsstelle in 6,8 km Entfernung durchgängig. Auf der gesamten Strecke gibt es keinerlei aktive Komponenten. Es wird also keine Stromversorgung benötigt - alles nur Glas und Licht.

 

Exkurs

Als passive Netzwerkkomponenten wird das Material bezeichnet, das ohne jegliche Stromversorgung auskommt. Dazu zählen insbesondere: Leitungen, Kabel und Patchkabel, Anschlussdosen, Stecker und Buchsen. Baugruppen, die lediglich passive Bauelemente enthalten (also Widerstände, Kondensatoren usw.) wie z. B. die DSL-Splitter, werden meistens auch dieser Gruppe hinzugerechnet.

 

Aktive Netzwerkkomponenten sind alle Geräte, die aktiv Signale verarbeiten bzw. verstärken können. Sie benötigen dazu eine Stromversorgung. Zu dieser Gruppe gehören Hubs und Switches, Router, Bridges, Firewalls und Session Border Controller. Ein Bestandteil eines Computers kann ebenfalls eine Netzwerkkomponente sein, z. B. Netzwerkkarte und ISDN-Karte.

 

Quelle: Wikipedia, Netzwerkkomponenten

Zum Schluss wurde nun in der Vermittlungsstelle die Glasfaser an den OLT angeschlossen und die Dämpfung der gesamten Leitung bestimmt. Sie beläuft sich bei meinem Anschluss auf 18,3 dB, wobei alleine 16dB auf den optischen Splitter entfallen. Die sieben Kilometer Gesamtleitung spielen also fast keine Rolle für den Abbau des Nutzsignals. Physikalisch war der Anschluss mit diesem zweiten Termin geschaltet.

 

Letzter Sprint: Mein Anschluss wird geschaltet 

Jetzt vergingen aber wieder zehn Tage, bis der Anschluss in allen Systemen dokumentiert war. Erst danach konnte ich im Telekom Kundencenter eine Buchung vornehmen.  

 

Am Tag der finalen Schaltung kam ein Techniker und setzte den ONT (Glasfasermodem) in meinem Keller.

 

stefan_glasfaser_apl_ont.png

 

Der Vorgang war recht unspektakulär, nach 15 Minuten war der Anschluss synchron. Ich erreiche nun bis zu 210Mbit/s im Download und 103Mbit/s im Upload. Ich nutze den Glasfaser-Anschluss jetzt schon seit einigen Monaten und bin sehr zufrieden. Es gab bisher keinerlei Unterbrechung der Leitung.

 

Kosten

Bleibt noch etwas zu den Kosten zu sagen.

 

Billig ist der Spaß nicht. Es kommt aber darauf an, was genau für eine Bestandssituation vorgefunden wird. Idealerweise tun sich mehrere Nachbarn zusammen, was die Kosten für den einzelnen drastisch reduziert. Diesen Luxus hatte ich jedoch nicht.

 

Die folgende Aufstellung ist lediglich ein grober Anhaltspunkt, ohne Gültigkeit für die individuelle Situation des Einzelnen:

  • Der eigentliche Hausanschluss mit Mauerdurchbruch kostet ca. 1200€. Diese Kosten würden pro Hausanschluss anfallen, bei Mehrparteienhaushalten reduzieren sie sich.
  • Die Erstellung des NVT mit Anschluss an den OLT betragen ca. 6000€. Diese Kosten lassen sich linear auf die beteiligten Parteien verteilen bzw. entfallen, wenn schon ein NVT vorhanden ist. Das dürfte jedoch in den seltensten Fällen so sein.
  • Das teuerste am Ganzen ist meist der notwendige Tiefbau. Es gibt verschiedene Techniken das Kabel unter die Erde zu bringen. Relativ günstig ist Microtrenching, was mit ca. 40-60€ pro Meter zu Buche schlägt. Dabei wird ein Schlitz in die Straße gefräst und das Kabel ca. 15-20 cm tief eingelegt. Teurer ist eine Verlegung im Tiefbau, bei dem das Kabel in einem Graben in ca. 60 cm Tiefe verlegt wird. Man kann mit 100 Euro pro Meter rechnen. Auch hier lassen sich die Kosten auf alle Teilnehmer umlegen, sofern es gemeinsame Strecken gibt. Damit muss jeder evtl. nur die Kosten zwischen zwei Häusern tragen.

 

Mein Fazit: Es hat sich gelohnt!

Trotz der Kosten hat sich der Glasfaserausbau an meinem Anschluss für mich gelohnt!

 

Der Prozess sollte bei der Telekom transparenter gestaltet werden. Ohne Eigeninitiative erfährt man wenig über den Fortschritt und ich bin sicher, mein Anschluss würde heute noch nicht laufen, wenn ich nicht an einem bestimmten Punkt angefangen hätte zu nerven.

 

Kommentare