Wie funktioniert der Notruf zu 110 & 112?

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vor 8 Jahren

In unserem Blogformat „Gelauscht“ geben wir euch zu verschiedenen Themen einen Einblick hinter die Kulissen. Heute geht es um die Notrufnummern 110 und 112. Nummern, die wir hoffentlich nur selten wählen müssen. Aber wenn, dann muss es funktionieren – schnell!

Welche Technik und welcher Aufwand genau dahinter stecken, erklären wir euch in diesem Blog.

 

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Was mache ich, wenn ich mal keinen Empfang habe?

Ein Handy ist praktisch. Egal wo ich bin, kann ich telefonieren oder im Internet surfen. Wenn etwas passiert, kann ich schnell die Feuerwehr oder die Polizei anrufen. Ist die Situation kritisch, kommen Feuerwehr oder Polizei und helfen mir. Moment mal, funktioniert das wirklich so einfach?

 

Es funktioniert. Zumindest meistens. Aber einfach ist das nicht. Die Technik im Mobilfunknetz, die die Notrufe ermöglicht, ist höchst komplex.

Die Netzabdeckung des Telekom-Mobilfunknetzes ist anerkanntermaßen hervorragend. Dennoch kann es einzelne Flecken im Lande ohne Netzabdeckung geben. Sollte zufälligerweise an dieser Stelle eines der anderen Mobilfunknetze empfangbar sein, ließe sich dort auch mit dem Telekom-Handy ein Notruf absetzen, aber nur ein 112-Anruf zur Feuerwehr. Ein 110-Anruf zur Polizei funktioniert in dieser Ausnahmesituation nicht. Der 112-Notruf ist der standardisierte Notruf mit der speziellen Eigenschaft, auch in anderen nationalen Netzen zu funktionieren. Zudem ist sie in Europa bekannter als die 110.

Notrufe zur 112 waren früher ohne Mobilfunkkarte möglich. Heute sind Notrufe ohne Mobilfunkkarte verboten und technisch unterbunden.

 

 

Woher wissen meine Retter in der Not, wo ich gerade bin?

„Feuerwehr oder Polizei kommen und helfen mir“: Das setzt aber voraus, dass sie wissen, wohin sie fahren müssen. Nicht immer weiß der Anrufer, wo er eigentlich ist. Erst seit Dezember 2012 werden daher bei mobilen Notrufen auch Standortinformationen übermittelt. Hierbei handelt es sich um keine punktgenaue GPS-Information, sondern lediglich eine Information zur aktuellen Funkzelle.

Allerdings können heute (Frühjahr 2017) einige Feuerwehr- bzw. Polizeileitstellen die Standortinformation eines Notrufes noch nicht auslesen, weil deren Technik bislang nicht entsprechend umgerüstet wurde.

 

 

Wie gelangt mein Notruf an die richtige Leitstelle?

 

Die Notrufnummern 110 oder 112 können immer direkt, also ohne Vorwahl, gewählt werden. Über das Telekommunikationsnetz werden Notrufe automatisch an die örtlich zuständige Leitstelle geleitet. 

Das ist ungeheuer hilfreich. Denn sollten wir einmal nicht wissen, welche Leitstelle gerade für uns zuständig ist – etwa bei einem Unfall auf der Autobahn–  können wir uns darauf verlassen, dass das Netz unseren Notruf zur richtigen Leitstelle in der Nähe führt.

Es ist übrigens nicht möglich, gezielt einen Notruf an eine Leitstelle abzusetzen, die gerade nicht für den Standort des Anrufers örtlich zuständig ist. Jemand, der sich in Bonn aufhält, kann also nicht die Feuerwehr in Hamburg erreichen, auch wenn er beispielsweise 040-112 wählen würde.

 

Auch bei Notrufen aus dem Telekom-IP-Festnetz werden inzwischen Standortinformationen an die Leitstellen übertragen, und zwar die amtliche Anschrift des genutzten Anschlusses.

  

Leitstelle Feuerwehr KrefeldLeitstelle Feuerwehr Krefeld 

Wie wird mein Notruf an die Leitstelle übertragen?

Es gibt mehrere hundert Leitstellen in Deutschland, die für die Annahme von Notrufen zuständig sind. Woher weiß das Netz also, welche die jeweils „Richtige“ ist? Im Prinzip ganz einfach: Es gibt eine Tabelle, in der jeder Leitstelle ein entsprechender geographischer Ursprungsbereich zugeordnet wird. Diese Liste wird von der Bundesnetzagentur gepflegt und ist in unserer Vermittlungstechnik einprogrammiert. Für das Routing eines Notrufs muss das Netz also nur noch den geographischen Ursprung des Notrufs erkennen.

 

Die technische Umsetzung ist aber alles andere als einfach. Hier sind drei Fälle zu unterscheiden:

  1. Im klassischen Festnetz erkennen die Vermittlungsstellen direkt, aus welchem Ortsnetz der Notruf abgesetzt wurde, und sorgen dafür, dass der Notruf der jeweils zugeordneten Notrufleitstelle zugeführt wird.
  2. Im IP-Festnetz ist die Zuordnung noch genauer: Hier kommt es nicht darauf an, in welchem Ortsnetzbereich, sondern auf welchem Gemeindegebiet der Notruf seinen Ursprung hat. Das hat den Vorteil, dass die kommunalen Zuständigkeitsbereiche der Leitstellen noch genauer getroffen werden können, denn gelegentlich stimmen Ortsnetzbereiche und Zuständigkeitsbereiche geographisch nicht völlig überein.
  3. Bei Notrufen aus dem Mobilfunknetz hängt das Routing von der Mobilfunkzelle ab, aus der der Notruf abgesetzt wird. Für jede Funkzelle wird vorab in einem aufwendigen Planungsprozess festgelegt, welche Leitstelle am ehesten für einen Notruf zuständig ist, der aus dieser Funkzelle abgesetzt wird.

 

Für einen Notruf von einem Telefon, das an eine Nebenstellenanlage bzw. an ein privates Netz angeschaltet ist, gelten (bisher) keine telekommunikationsrechtlichen Vorgaben. Die genaue Ortung und Umsetzung an die örtlich zuständige Notrufleitstelle obliegt dem Verantwortlichen der Telefonanlage (ggf. in Abstimmung mit seinem Netzbetreiber).

 

Rechtlich geregelt ist all das im § 108 des Telekommunikationsgesetzes ( TKG ) und den nachgeordneten Vorschriften der Notrufverordnung und der Technischen Richtlinie Notruf.

Die aktuelle technische Richtlinie Notruf (TR Notruf), Version 1.0, stammt aus dem Jahr 2011. Derzeit liegt ein Entwurf der TR Notruf  2.0 vor, der als Neuerung auch einen IP-basierten Notruf vom Sender zum Empfänger vorsieht. Bislang müssen Notrufe aus einem IP-Festnetz oder aus einem Mobilfunknetz ins ISDN-Netz der Telekom geführt werden Am Netzübergang finden entsprechende Protokollumwandlungen z.B. vom IP- ins ISDN-Protokoll statt. Denn sämtliche Leitstellen der Polizei und Feuerwehr haben einen speziellen ISDN-Anschluss (so gefordert in der TR Notruf 1.0) und nur die Telekom bietet diese speziellen ISDN-Anschlüsse an.

 

Die technische Umsetzung hin zu einer durchgängigen IP-Verbindung kann jedoch erst gestartet werden, wenn die TR Notruf 2.0 final vorliegt.

 

 

Was ist, wenn der Anruf abbricht?

Bei einem Notruf wird im Regelfall die Rufnummer mitübertragen, selbst wenn der Anrufer seine Rufnummer unterdrücken möchte. Feuerwehr oder Polizei könnten daher bei Bedarf zurückrufen. Keine Regel ohne Ausnahme: Wenn, wie oben beschrieben, der 112-Notruf nicht im eigenen Mobilfunknetz abgesetzt wird, kann aus technischen Gründen keine Rufnummer mitübertragen werden.

 

 

Gut zu wissen:

  • Die Telekom war im Übrigen Vorreiter der so genannten Mobilfunklösung zur Übertragung einer Standortinformation bei einem Notruf mit dem Handy. Zum einen hat sie die technischen Details entwickelt und mit Bundeswirtschaftsministerium und Bundesnetzagentur abgestimmt. Zum anderen haben sich die anderen Mobilfunknetzbetreiber  dieser Lösung angeschlossen und routen die Notrufe ihrer Kunden über unser Mobilfunknetz.
  • An die 110/112 kann (im Festnetz) auch ein Fax gesandt werden, um z. B. Menschen mit einer Hör- oder Sprachbehinderung einen Notruf per Text zu ermöglichen.

 

 

Falls euch dieser Blog neugierig gemacht hat, haben wir im Folgenden noch weitere Informationen zum Thema für euch zusammengestellt:

 

Notruf 110/112: Notstrom für Notrufe und Anforderungen an IP-Netze: Zum Beschluss des Petitionsausschusses

Erschienen in „Datenschutz und Datensicherheit“,  Ausgabe 05/2016

 

Notruf 110 / 112 – eine gute Wahl? Eine Würdigung im Hinblick auf Recht, Technik und Datenschutz

Erschienen in „Datenschutz und Datensicherheit“, Ausgabe 11/2014

 

Neues zum Notruf 110 / 112: Die Umstellung auf IP öffnet Perspektiven für multimediale Notrufkommunikation

Erschienen in „Datenschutz und Datensicherheit“, Ausgabe 02/2016

 

Notrufe 110/112 aus privaten Netzen; Rechtlich eine Grauzone, technisch vielfach ein Problem  

Erschienen in „Datenschutz und Datensicherheit“, Ausgabe 11/2016

  

Notrufe 110/112: VoLTE -Notruf mit neuen Merkmalen, EU-Regulierung mit neuen Akzenten

Erschienen in „Datenschutz und Datensicherheit“, Ausgabe 11/2017

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  • vor 8 Jahren

    Ich hatte einmal das Vergnügen, eine modernste Rettungsleitstelle besichtigen zu dürfen.

     

    Neben den Standortinformationen sind bei eingehenden Anrufen dort stets auch der Name des Vertragsinhabers und dessen Vertragsanschrift sichtbar. Dies dient der einfacheren Strafverfolgung beim Mißbrauch von Notrufeinrichtungen und ist so berechtigt.

     

    Das Bild passt allerdings nicht so ganz zum Blog. Es gibt noch keinen bundes- oder gar europaweiten Taxiruf mit vergleichbarer Technik. Wenn das Taxi "OCUPAT" ist, muss mal halt auf's nächste warten. Zwinkernd

     

    VG kws

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  • vor 8 Jahren

    Hallo tzusammen, Hallo @kws

    da können die schönsten Verknüpungen mit gemacht werden, da ich beruflich auch schon einmal hier und da mit der hiesigen Leitstelle beruflich Kontakt habe ist wenn ich dort mit "unterdrückter" Rufnummer anrufe sofort alles von mir sichtbar (Rufnummer, logisch). Die haben da aber dann auch meine Anschrift, Privatrufnummer, sowie Anschrift und Telefonnummer meines Arbeitgebers hinterlegt. Natürlich auch mein ungefährer Standort damit die Wissen wie lange ich bis zum Einsatzort brauche Zwinkernd

    Gruß

    Waage1969

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  • vor 8 Jahren

    Hallo @Waage1969,

     

    da sieht man noch viel mehr: Heimdialysepatienten, Solareindeckungen von Dächern, Gefahrstofflagerungen, Aufzugsanlagen, Mittel- und Hochspannungseinrichtungen, Wagenstandorte und -bewegungen von Bahnen, Stausituationen, Wetter und  und und  ...

     

    In deser riesigen Datensammlung und -verknüpfung ein gefundenes Fressen für Hacker. Deshalb sind die Sicherheitsanforderungen und -kosten auch extrem hoch.

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  • vor 8 Jahren

    Kurz: Ich finde den Blog gut , danke @Susann R.

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  • vor 8 Jahren

    Ach @kws...du und unsere Blogbilder Lachend

    Wir schauen immer, dass die Bilder zum Thema passen. Folgende Geschichte zu meinem Bild: Das Paar ist gerade im Ausland und hatte einen Unfall. Anhand des Schildes im Taxi kann man ableiten, dass sie in Romänien sind. Denn "Ocupat" bedeutet besetzt. Der Mann sucht hektisch nach dem Warndreieck und den Westen, während seine Frau die 112 wählt. Denn die funktioniert ja in ganz Europa, wie wir hier gelesen haben. Nerd

    Passt doch, oder? Zunge

     

    Unser Experte, vom dem wir die Inhalte haben, (er ist auch der Autor der verlinkten Texte) hat uns freundlicher Weise ein Bild aus einer echten Leitstelle zur Verfügung gestellt, nachdem er deinen Kommentar gelesen hat, @kws. Fröhlich

    Ich ergänze es gleich im Blog.

     

    Liebe Grüße

    Susann R.

     

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  • vor 8 Jahren

    Hallo @Susann R.,

     

    ich liebe die Blog-Bilder und habe ja auch schon einige schon ganz toll gelobt.

     

    Zu der Geschichte hinter dem Foto:

    Das mit dem "OCUPAT" war mir sofort klar. Von Lateinisch: occupare.

    Wenn man sich diese Aufnahme hier genau anschaut, sieht man, dass der Mann sich möglicherweise an der Nase verletzt hat. Das sieht böse aus, denn sie ist sehr groß und krumm geworden und an der Spitze gespalten. Vielleicht sah er ja aber auch schon immer so aus, denn es ist kein Blut zu sehen.

    Statt der 112 sollte seine Frau doch lieber gleich die Bodenseeklinik anrufen und einen Termin mit Prof. Mang vereinbaren. Lachend

     

    Aber ganz im Ernst: Den Blog finde ich wirklich ganz toll!

    Es ist auch besonders lobenswert, dass Euer Experte und Textautor die Kommentare hier mitliest.

     

    Danke für das ergänzende Foto. Im Gegensatz zu Krefeld hat unsere Feuerwehr in Nürnberg keine eigene zentrale Leitstelle, sondern ist integriert in eine gemeinsame Leitstelle mit den Rettungsdiensten und dem Katastrophenschutz und einer Schnittstelle zur 110.

     

    LG kws

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  • vor 8 Jahren

    Deine Geschichte gefällt mir aber auch sehr gut! Lachend Vielleicht ist er bei dem Unfall mit der Nase am Lenkrad aufgedotzt und deswegen sieht sie so aus.

     

    Danke für das Lob @kws Fröhlich Ich finde richtig gut und interessant, dass man in der Leistelle feststellen kann, wo man gerade ist. Irgendwie ist es auch beruhigend. Denn falls einem mal was passieren sollte und man vielleicht auch nicht in der Lage ist zu sprechen, bekomme ich trotzdem Hilfe.

    @Waage1969 verrätst du uns, was du beruflich mit Leitzentralen zutun hast? Fröhlich

     

    Liebe Grüße

    Susann R.

     

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  • vor 8 Jahren

    Hallo @Susann R.

    ich arbeite auch noch in einem Betrieb der sich mit Licht - Signal - Anlagen (LSA) oder einfach gesagt Ampelanlagen beschäftigt.

    Hier sind natürlich auch bei einem Notfall / Unfall an einem Ampelmast / Steuergerät, etc. direkte und sofortige Kontake erforderlich.

    Da so etwas ja meistens außerhalb der Regelarbeitszeit ist muss man so etwas dann schon mal von unterwegss, bzw. von zu Hause aus regeln, koordinieren, sowie auch manchmal selbst in die Hand nehmen.
    Die in der Rettungsleitstellen oder auch von der Leitstelle der Polizei sind halt immer froh wenn so etwas schnell geht Zwinkernd

    Gruß

    Waage1969

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  • vor 8 Jahren

    Hallo @Susann R.,

     

    ich persönlich finde es schade, dass sich dieser Blog nur so kurz auf der Startseite halten konnte. Das Thema betrifft uns ja letztlich alle.

     

    Der Netzausbau Saarland brachte es hingegen auf stolze 1 1/2 Wochen, obwohl es dort ja insgesamt gerade mal rund eine Million Einwohner hat.

     

    Hallo @Waage1969,

     

    Unsere Leitstelle hat direkten Zugriff auf den zentralen Verkehrsrechner mit der Ampelsteuerung. Manchmal sehr zur Freude der übrigen Verkehrsteilnehmer, wenn die Ampeln auch 3 - 5 Minuten nach Querung der Kreuzung durch das letzte Einsatzfahrzeug noch auf Dauerrot stehen. Bist Du dafür auch verantwortlich? Zwinkernd

     

    Der Gesetzgeber hat da übrigens auch noch seinen Beitrag zu Sprachverwirrung geleistet. In der StVO heißt die LSA LZA (für Lichtzeichenanlage). Aber das war Dir sicher bereits bekannt.

     

    VG kws

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  • vor 8 Jahren

    Hallo @kws

    Ich bin schon für vieles verantwortlich, aber im Saarland nicht Zwinkernd

    Ja die Sprachverwirrung ist mit bekannt, aber die zugehörigen Richtlinien für Lichtsignalanlagen (kurz RiLSA) sind auch schon länger von dem Begriff Lichtzeichenanlage weg.
    Aber da wird bestimmt auch noch die "neudeutsche" Reformierung der "Betitelungen" was neues bringen.
    Übrigens, das hier funktioniert nicht auch wenn so was für manch einen ein Traum wäre.
    Schönes Wochenende allerseits Zwinkernd

    P:S: das war natürlich nur für den Bereich der Leitstelle bei einem meiner AG´s Engel
    Gruß

    Waage1969

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