Vergleichende Betrachtung der MagentaTV-Receiver und -Boxen, Tipps zur Entscheidung

6 months ago

Hallo zusammen,


ich bin seit 2008 Entertain- bzw. MagentaTV-Kunde. Ich will hier jetzt keine Anekdoten über die Startnetzarchitektur verbreiten oder wie im Forum die meistgestellte Frage die nach dem funktionslosen USB-Port war. Tatsache ist, dass ich vom 16-Mbit-DSL-Anschluss mit Media Receiver 303 bis zum heutigen DSL 175 (mit realen 200 Mbit) so einiges mitgemacht habe.


Wir sind vor einem Jahr von unserem letzten Festplattenreceiver (MR401) auf die MagentaTV One (erste Generation) gewechselt. Jetzt, vor ein paar Tagen, bin ich im Zuge eines Tarifwechsels auf die MagentaTV One der 2. Generation umgestiegen.
Da sich wahrscheinlich viele Nutzer des MR oder der MagentaTV One heute Gedanken über den Umstieg auf Magenta 2.0 und die dazugehörige neueste Box machen, wollte ich meine Gedanken mal beitragen.


Das Wichtigste werdet ihr schon mitbekommen haben: Die TV One besitzt keine Festplatte. Gleichzeitig wendet sich die Telekom langsam aber sicher von ihrem IPTV -Netz ab. Bei IPTV werden die Inhalte innerhalb des Telekom-Netzes durch ein sogenanntes Multicast-Protokoll relativ „schlank“ gehalten und erst kurz vor den einzelnen Haushalten auf die einzelnen Teilnehmerleitungen „verteilt“. In der frühen Produktphase war das nötig, weil so ein Fernsehstream in SD oder HD relativ viel Bandbreite verbraucht hat, verglichen mit der Kapazität des Netzes insgesamt. Durch Multicast brach z. B. bei deutschen WM-Spielen das Netz nicht zusammen.


Heute hat fast jeder einen 50 Mbit-Anschluss oder mehr, und der Bandbreitenbedarf fällt nicht mehr so ins Gewicht. Außerdem möchte die Telekom Kunden anderer Internet-Carrier erreichen (mit IPTV nicht möglich). Last not least besteht ein strategisches Interesse daran, jedem einzelnen Kunden individuellen Content anbieten zu können, und lineares Fernsehen wird insgesamt immer unwichtiger. Es hat also jeder Nutzer eine direkte Verbindung zu einem oder wenigen Servern, von denen der Content ausgespielt wird. Dort finden sich die Aufzeichnungen und werden bei Bedarf zum Nutzer gestreamt. Das Ganze nennt sich im Telekommunikationssprech „ OTT “ oder „Over the top“ content, der Carrier ist in die Steuerung und Kontrolle nicht involviert.


Also: Alte Festplatten-Receiver bedeuten IPTV . Auch dort gab es schon die Möglichkeit zu Cloud-Aufzeichnungen und MagentaTV-Apps, aber das war ein Zwitterbetrieb, und man musste bei Aufnahmen ja auch auswählen, ob sie auf der Platte oder in der Cloud gespeichert werden sollten. Die neuen Boxen ermöglichen der Telekom effizienten OTT -Betrieb und vereinfachen insofern die Komplexität. Der Nutzen wird natürlich erst dann so richtig gehoben, wenn die alte IPTV -Infrastruktur abgeschaltet wird. Ein Zeitpunkt hierfür wurde noch nicht angekündigt.


Leider weist die Cloud-Variante von MagentaTV für den Benutzer einige Nachteile auf. So sind die Aufnahmen neuerdings mit einer maximalen Speicherdauer von zumeist wenigen Monaten versehen. Auch das Vorspulen von SD-Sendungen auf den privaten Sendern, was auf den Receivern teilweise noch möglich war, geht jetzt nicht mehr. Als Vorteil könnte man anführen, dass alle Aufnahmen nun in allen Apps zur Verfügung stehen, man kann also auf dem Smartphone Aufnahmen schauen, die man auf der Box eingestellt hat.


Nun zu den Unterschieden alte MagentaTV One (1. Generation) vs. neue MagentaTV One (2. Generation). Zunächst ist es so, dass die Box der ersten Generation auch mit MagentaTV 2.0 funktioniert. (Umgekehrt funktioniert dies nicht, die zweite Generation benötigt auch einen 2.0-Tarif.) Sofern der neue Tarif an der alten Box anliegt, „merkt“ die Box dies und führt den Nutzer durch die Umstellung, die im Wesentlichen in der Installation einer neuen App besteht. Ich selbst war aber mit der alten Box äußerst unzufrieden. Sie lief nach meinem Empfinden sehr instabil, es gab zahlreiche Ruckler und Aussetzer sowie unerwünschte Neustarts, und dies trotz Sichtverbindung zum zehn Meter entfernten Speedport Smart 4. Außerdem habe ich mich sehr häufig darüber geärgert, dass die Fernbedienung nicht beleuchtet war. Da sitzt man bei gedimmtem Licht bei einem Kinofilm und findet die Pausetaste nicht.


Diese Themen sind mit der Version 2.0 nach meinem Empfinden behoben. Sie verfügt über Wi-Fi 6 und erreicht wesentlich höhere WLAN-Geschwindigkeiten mit dem Smart 4 als die alte Box. Der auf 32 GB verdoppelte interne Speicher mag seinen Teil dazu beitragen. Ich habe sie nun ein paar Tage in Betrieb, und alles läuft stabil und ruckelfrei. Die Umschaltzeiten sind angenehm kurz. Auch die Tasten der Fernbedienung sind nun beleuchtet. Interessant finde ich auch, dass das mitgelieferte Netzteil jetzt einen USB-C-Stecker aufweist.


Die Benutzeroberfläche von MagentaTV 2.0 sehe ich eher neutral. Die personalisierte Schnellstartleiste bringt mir keinen großen Vorteil. Unter „Meine Aufnahmen“ gibt es wenig optische Trennung zwischen den Aufnahmen, die tatsächlich verfügbar sind, und Inhalten, die über andere Streamingdienste abgespielt werden können; ich nutze daher den Aufnahmen-Ordner. Dennoch findet man schnell und ohne Probleme das, was man sehen will.


Ein Problem, das ich als Nutzer eines AV-Receivers bemängeln muss, ist die schlechte Unterstützung von Universal-Fernbedienungen. Die Entwickler der Box haben ihre Karten eher auf HDMI-CEC gesetzt, und es gibt auch eine rudimentäre Konfigurationsmöglichkeit dafür. Für die Kombination aus MagentaTV One und Fernsehgerät mag das auch funktionieren. Die zusätzliche Einbindung eines AV-Receivers wurde aber anscheinend nicht mitgedacht, mal davon abgesehen, dass HDMI-CEC mit Geräten unterschiedlicher Hersteller eh etwas ruckelig funktioniert.


Zum Glück habe ich in diesem Forum den Tipp gefunden, dass man die MagentaTV One stromlos machen kann und währenddessen die Batterien in der Fernbedienung kurz herausnehmen kann. Setzt man sie wieder ein, sendet die Fernbedienung bis zum Neustart der Box ausschließlich mit Infrarot, und man kann z. B. eine Harmony darauf anlernen.


Fazit: Benutzer der Festplattenreceiver, deren System gut und ruckelfrei funktioniert, sollten sich den Umstieg gut überlegen, weil eine Umstellung auf reines Streaming große Einbußen im Management der Aufnahmen mit sich bringt. Wünschen wir den MRs noch ein langes Leben.


Zwischen den Streamingboxen sehe ich den klaren Vorteil bei der MagentaTV One der zweiten Generation. Wer aktuell die erste Generation nutzt und sich über Problemchen ärgert, dem würde ich einen Umstieg auf jeden Fall ans Herz legen.

 

Grüße
ER

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